Vom Künstler zum Strategen

Früher hat er CDs gestaltet, heute textet er und schreibt Konzepte. Oliver Fried hat sein Fach gewechselt. Aber seine Vergangenheit als Grafiker bereichert ihn heute in seiner Rolle als Marketing Writer. Und verschafft ihm sogar einen Vorteil.

Ist ein guter Marketing Writer ein Alleskönner? Diese Frage stellt sich Oliver Fried. Seit 2014. So lange ist Oliver Fried Texter/Konzepter bei Ströbele Kommunikation. In seinem Job schreibt er alle Arten von Werbe- und PR-Texte, on- und offline. Und das ist auch wichtig, bedenkt man, wie rasch sich die Werbekanäle wandeln und wie bedeutsam guter Content im Web geworden ist. Er muss nicht nur alle Textsorten kennen, er muss auch konzeptionell, künstlerisch und erfinderisch denken. Ist das tatsächlich so? Verkörpert ein guter Marketing Writer die Rolle des Strategen, des Künstlers und des Erfinders? Ein Künstler ist Oliver Fried, vielleicht sogar ein Erfinder. Und ein Stratege ist er auch. Ernstfallgeprüft.

Weg vom Cover, hin zum Text

Mitte der 90er-Jahre war Oliver Fried selbstständig. Die Selbstständigkeit war überaus erfüllend für ihn als ehemaligen Techno-Musiker. Denn er spezialisierte sich auf die Musikindustrie. Das war die Zeit, in der er sich als namhafter Szenegrafiker und Künstler selbst verwirklichte – ihm verdankt DJ Antoine sein erstes Plattencover. Musikalisch blieb er auch nicht untätig. Sein Techno-Kollektiv veröffentlichte einige Singles für bekannte Labels. Die Musikindustrie änderte sich mit der Zeit, die Design-Aufträge wurden weniger. Also orientierte er sich neu – strategisch klug. Und aus Oliver Fried, dem Künstler, wurde Oliver Fried, der Art Director. Zuerst bei der Agentur Branders, bei der er fürs Redesign der Logos von «Die Post» und «Swiss Post» verantwortlich war, dann bei der Agentur Namics.

Mangas auf Verpackungen

Ein «Erfinder» im engeren Sinne ist er eigentlich nicht. Mehr ein Trendsetter mit einem feinen Gespür für den Zeitgeist. Während einer Japanreise ist Oliver Fried auf die Manga-Comics gestossen – dort ein riesiger Erfolg, damals in der Schweiz relativ unbekannt. «Ich kam von meiner Reise mit einem Rucksack voller Manga-Hefte nach Hause. Kurz darauf beauftragte mich TIKI-Brause, alle Verpackungen neu zu gestalten. Für mich war klar: im Manga-Stil! Der Kunde war begeistert, die Verkäufe explodierten!» Hat Oliver Fried damit den Startschuss für ein zeitloses Verpackungsdesign im Kindermarketing gesetzt? Wer weiss. Klar ist: Der Kunde ist ihm zum nächsten Arbeitgeber gefolgt.

Das Auge «liest» mit

Ob gute Marketing Writer Alleskönner sind? Vermutlich nicht. Aber sie wissen genau, worauf es in ihrem Beruf ankommt. Sie sind belesen, schrecken vor keinem neuen Trend zurück und sie fühlen sich in die Strategien ihrer Kunden ein. Darum nützt Oliver Fried seine Erfahrung als Grafiker heute bei Ströbele, um das Maximum aus seiner Texter-Arbeit herauszuholen. Er verwirft ganze Kampagnen, sieht er sie nicht komplett gestaltet vor seinem inneren Auge. Und wenn die Form nicht passt, passt der Text nicht: «Wenn der Zeilenumbruch unschön ist, texte ich die Headline neu», erklärt er. Und genau dieser hohe Anspruch ans Design macht ihn zum idealen Marketing Writer. Denn: Gute Texte entfalten ihre volle Wirkung erst dank guter Gestaltung.

Schweizerische Text Akademie: 29.04.2016

Previous PostDer kreative Sprung – die Pointe der Geschichte
Next Post Weg vom «routinierten Denken!»