Was die Farbe verrät

Farben erhellen oder verdunkeln ein Bild, erwärmen oder kühlen es. Patrizia Kilburger schreibt und forscht über Farben; wie sie wirken und letztendlich beeinflussen.

Alles war schwarz! Der Stand der «Schweizerischen Vereinigung für die Farbe – pro/colore» an der Messe appli-tech 2015 war komplett in Schwarz. Ausser: Acht Kabinen waren aufgestellt – im Inneren mit unterschiedlichen Farbtönen bemalt. Der Zweck? pro/colore wollte herausfinden, wie die acht Farben die Stimmung der Messe-Besucher beeinflusst haben. Patrizia Kilburger begleitete die Tests. Sie ist Farbdesignerin mit Fachausweis, Texterin und Vorstandsmitglied der Non-Profit-Organisation pro/colore. Als Farbdesignerin bewundert sie die Wirkung von Farben auf unsere Stimmung. Als Texterin schätzt sie, wie Farben besonders Identität schaffen – und dadurch auch Emotionen steuern.

Nicht alle werden wütend, wenn sie «Rot sehen»

Beeinflussen Farben tatsächlich unsere emotionale Stimmung? Zumindest gibt es Annahmen, dass es so ist. Der Wirkungstest von Patrizia Kilburger an der appli-tech 2015 stellt allerdings diese Annahmen durchaus infrage. Rot, so sagt man, wirke nervös und unruhig. Aber manche junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer der appli-tech haben sich dennoch in der roten Kabine entspannt, wie die Pulsmessung gezeigt hat. «Nicht alle Menschen werden wütend, wenn sie sprichwörtlich Rot sehen», so Patrizia Kilburger.

Weiter soll Blau beruhigen und Vertrauen schaffen. Aber Blau hat bei einigen Besuchern den Puls regelrecht in die Höhe schiessen lassen. Eine eindeutige Regel, wie Farben auf unsere Emotionen wirken, gibt es demnach nicht. Die Frage muss also lauten: Welche Farbe ist für die Zielgruppe – fürs Corporate Design – die richtige? Auch dazu hat Patrizia geforscht.

Die Wissenschaft der Identität

Patrizia Kilburger beschäftigt sich nicht nur mit Farben, sondern generell mit Corporate Design. Ihre Masterarbeit an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich widmete sie dem Thema «Corporate Identity, Corporate Design und Corporate Wording – Sein oder Schein?» Der Titel zeigt: Es ging ihr darum, zwischen echten und irrtümlichen Werten im Corporate Design und im Corporate Wording zu unterscheiden. «Es ist wichtig, dass Unternehmen weniger in der Wir-Perspektive kommunizieren und versuchen, dem Gegenüber einen klaren Mehrwert aufzuzeigen», sagt sie. Dabei spiele auch das Farbkonzept in den Büros, in den Lobbys und in den Publikationen eine wesentliche Rolle. «Das Farbdesign gefällt häufig dem Chef mehr als den Kunden.» Das sei nicht in jedem Fall nützlich, so Kilburger.

Denn wenn ein Unternehmen die Symbolik der Farben gezielt einsetze, ergebe sich eine engere emotionale Führung der Kunden in der Kommunikation. Eine Chance, die nicht alle Unternehmen wahrnehmen. Für Patrizia Kilburger, die Texterin und Farbexpertin, ist klar: Das sollte sich ändern. Denn das Auge entscheidet immer mit.

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